10. Dezember 2022
Central Tibetan Administration, www.tibet.net.org

Erklärung des „Department of Information and International Relations“ (DIIR) zum Internationalen Tag der Menschenrechte

Jedes Jahr am 10. Dezember wird der Internationale Tag der Menschenrechte begangen, der an die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) im Jahr 1948 durch die Vereinten Nationen erinnert, ein wegweisendes Dokument, das jedem Menschen unveräußerliche Rechte ohne Bedingungen zuspricht. Für die Tibeter und alle anderen, die unter der Besatzung durch die Volksrepublik China (VR China) leiden, ist der Internationale Tag der Menschenrechte eine weitere wichtige Erinnerung an die autoritäre Herrschaft Pekings, die ihre Grundrechte und Grundfreiheiten täglich bedroht.

Als Mitglied des Ausschusses zur Ausarbeitung der AEMR und ständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ist China zweifellos verpflichtet, sich an die Grundprinzipien der AEMR zu halten, d.h. die Menschenrechte zu schützen, zu fördern und zu achten, ohne irgendeinen Unterschied zu machen. Die von Xi Jinping geführte Regierung der Volksrepublik China verfolgt jedoch weiterhin eine repressive und diskriminierende Politik gegen das tibetische Volk in Tibet, die von religiöser Repression, sprachlicher Assimilierung, kultureller Unterdrückung, wirtschaftlicher Marginalisierung und Umweltzerstörung gekennzeichnet ist.

Friedensmarsch am 10. Dezember 2022 in Genf



Von der fatalen Mißwirtschaft der Covid-Pandemie im Rahmen der Null-Covid-Politik bis hin zu den Berichten über Chinas erzwungene Sammlung von DNA-Proben von Tibetern, darunter auch von Kindern im Alter von fünf Jahren, und dem riesigen Netz von „kolonialen“ Internaten, die darauf abzielen, den Gebrauch der tibetischen Sprache und Kultur auszurotten: Die hemmungslosen Menschenrechtsverletzungen in Tibet bleiben von vielen Regierungen und der internationalen Gemeinschaft weitgehend unbemerkt und ungetadelt.

Eine der besorgniserregendsten Maßnahmen, die Peking in letzter Zeit ergriffen hat, sind die „kolonialen“ Internate für tibetische Kinder, wie in einem Bericht des Tibet Action Institute aus dem Jahr 2021 ausgeführt wird. Schätzungsweise 800.000 bis 900.000 tibetische Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren und weitere 100.000 Vorschulkinder im Alter von 4 bis 6 Jahren werden in diese Schulen gezwungen. Getrennt von ihren Familien und Gemeinschaften werden sie nur in Mandarin-Chinesisch unterrichtet und über einen längeren Zeitraum ihren kulturellen und religiösen Traditionen entfremdet.
Die chinesischen Behörden haben eine Reihe von tibetischen Schulen geschlossen, um die Eltern zu zwingen, ihre Kinder auf solche Internate zu schicken. Auf persönlicher Ebene sind diese tibetischen Kinder einem mentalen und emotionalen Trauma ausgesetzt, da der Kontakt zu ihren Eltern und Familien sehr eingeschränkt ist. Allgemein gesehen gefährden diese Internate nicht nur die tibetische Sprache und Kultur, sondern verstoßen auch gegen zahlreiche Menschenrechtsabkommen, darunter das „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ (CRC).

Zuverlässigen Berichten von Exilmedien zufolge haben chinesische Beamte im Jahr 2022 mindestens 94 Tibeter zu Unrecht festgenommen und inhaftiert. Von ihnen verurteilten chinesische Gerichte 14 Tibeter zu Haftstrafen zwischen zwei und vierzehn Jahren wegen „Anstiftung zum Separatismus“, „Gefährdung der Staatssicherheit“ und „Verrat von Staatsgeheimnissen“.

Ohne konkrete Beweise für Straftaten werfen solche Urteile ernste Fragen über das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf eine Verteidigung vor einem unparteiischen Richter auf. In diesem Jahr sind mindestens fünf tibetische politische Gefangene an den Folgen von Folter gestorben, womit sich die Gesamtzahl der Todesfälle durch Folter seit 2008 auf 55 erhöht hat. Die Regierung der VR China muß alle Gefangenen freilassen, die zu Unrecht verhaftet und verurteilt wurden, weil sie ihre angeborenen Rechte in ganz China und in den besetzten Gebieten wahrgenommen haben.

Da es keine Anzeichen einer Atempause für die Tibeter oder einer Verbesserung der Lage in Tibet gibt, gingen die Selbstverbrennungsproteste 2022 mit zwei bestätigten Berichten weiter. Tsewang Norbu, der beliebte 25-jährige tibetische Sänger, verbrannte sich am 25. Februar in Lhasa in der Autonomen Region Tibet, während sich der 81-jährige Taphun am 27. März vor einer Polizeistation im Kreis Ngaba (chin. Aba) in der Provinz Sichuan selbst verbrannte, um gegen die Repressionen der chinesischen Regierung zu protestieren. Beide erlagen ihren Verletzungen, womit sich die Gesamtzahl der Selbstverbrennungen in Tibet seit 2009 auf 157 erhöht hat. Die chinesische Regierung muß auf die Forderung der Demonstranten nach Freiheit und der Rückkehr Seiner Heiligkeit des Dalai Lama eingehen und echte Verhandlungen mit den Vertretern des tibetischen Volkes führen.

Da die Regierung der Volksrepublik China weiterhin Tibeter verhaftet und verurteilt, weil sie ihre Grundrechte wahrnehmen, werden wir jede Woche einen tibetischen politischen Gefangenen porträtieren, um auf ihre Fälle aufmerksam zu machen. Hunderte von Tibetern befinden sich auch heute noch in chinesischer Gefangenschaft, darunter der 11. Panchen Lama Jetsun Tenzin Gedhun Yeshi Trinley Phuntsok Pal Sangpo (allgemein bekannt als Gedhun Choekyi Nyima), von dem es auch nach 27 Jahren immer noch kein Lebenszeichen gibt. Wir hoffen, daß das wöchentliche Profil eines tibetischen politischen Gefangenen die chinesische Regierung an ihre internationalen Menschenrechtsverpflichtungen erinnert und daran, daß es höchste Zeit ist, den anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Tibet ein Ende zu setzen.

Die ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung der Volksrepublik China in den besetzten Gebieten von Tibet, Ostturkestan, der südlichen Mongolei und Hongkong stehen in krassem Widerspruch zu den UN-Grundsätzen von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden, die die Würde und die Rechte jedes Einzelnen auf der ganzen Welt untermauern sollten. China muß sich an seine eigene Verfassung und das regionale Autonomiegesetz halten. China muß ebenso seine internationalen Verpflichtungen einhalten, die es unterzeichnet und ratifiziert hat.